11 - Halldor Laxness und Deutschland [ID:1700]
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Lachsnes war der große Erneuerer, der die isländische Literatur nach dem ersten Weltkrieg aus ihrer

provinziellen Enge herausführte und ein halbes Jahrhundert lang entscheidend prägte. Für viele

konservative Isländer musste es unverständlich scheinen, dass 1955 der unbequeme Halter Lachsnes

den Nobelpreis für Literatur zugesprochen bekam und nicht sein Landsmann Gunnar Gunnarsson,

der vor allem in dänischer Sprache publiziert hatte und schon deshalb im Ausland viel bekannter war.

Aus der Perspektive eines Nicht-Isländers gesehen konnte eine solche Alternative wohl

kaum ernsthaft bestehen. Lachsnes war der große Erneuerer, der die isländische Literatur nach

dem ersten Weltkrieg aus ihrer provinziellen Enge herausführte und ein halbes Jahrhundert lang

entscheidend prägte. Haldor Lachsnes wurde 1902 in Reykjavik geboren und hieß ursprünglich Haldor

Gwydjonsson. Erst als junger Mann ersetzte er das traditionelle isländische Patronymikon durch einen

Familiennamen, den er vom Namen des Hofes Lachsnes, wo er von seinem vierten Lebensjahr an Aufwuchs

ableitete. Nachdem Lachsnes 1919 einen ziemlich unausgegorenen ersten Roman, Bart Nauturnar,

Kind der Natur veröffentlicht hatte, brachte ihm sein 1925 abgeschlossenes, 1927 publiziertes Buch

Wehwaren Mikli Frau Kashmir, der große Weber von Kashmir, den ersten großen Erfolg. In diesem

Roman beschreibt er, wie ein junger Isländer in den Wirren nach Kriegs Europas seine geistige

Identität zu finden sucht und sich schließlich in den Schoß der katholischen Kirche flüchtet.

Diese katholische Lösung ist autobiografisch. Lachsnes hatte sich 1922 in ein Kloster in

Luxemburg zurückgezogen und war 1923 dort zum Katholizismus konvertiert. Bei der Taufe namens

den zweiten Vornamen Kilian an, den er bis weit in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg hinein

mitverwendete. Doch schon bevor der große Weber von Kashmir erschien, hatte sich Lachsnes wieder vom

Katholizismus entfernt und die Eindrücke einer Amerikareise 1927 bis 1929 machten ihn zum

Sozialisten. Die Werke der folgenden zwei Jahrzehnte haben alle einen sozialkritischen Grundtenor,

über dem allerdings die unterschiedlichsten Themen variiert werden. Der Roman Salka Valka von 1931-32

erzählt die Geschichte der Emanzipierung eines jungen Mädchens vor dem Hintergrund der sozialen

Spannungen in einem kleinen isländischen Fischerdorf. Auch Sjálf Steigd Folk, sein eigener Herr,

1934-35 veröffentlicht, zeichnet ein Bild vom Leben am Rande des Existenzminimums.

Ein Kleinbauer führt einen aussichtslosen Kampf gegen die Armut, hält aber starrsinnig an seiner

Idee der Unabhängigkeit fest und ist bereit ihr alles und alle zu opfern. Heims Ljós,

Deutsch Weltlicht, 1937-40 erschienen, schildert das Schicksal eines armen isländischen

Volksdichters. Neben die soziale Problematik tritt hier die Frage nach der Stellung des Dichters in

der Gesellschaft. Der historische Roman Islands Klöchgarn, die Islandglocke, 1943-46 veröffentlicht,

spielt um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Auch dieses Werk war zunächst eher sozialkritisch

angelegt, gedie aber dann unter dem Einfluss der aktuellen politischen Ereignisse zu einem

nationalen Epos, das die Leiden der Isländer unter dem Joch der dänischen Unterdrücker darstellt.

Nachdem sein eigener Herr und Weltlicht von weiten Kreisen in Island als üble Nestbeschmutzung

angefeindet worden waren, konnte die Islandglocke die Wogen der Entrüstung wieder glätten. Doch

schon das nächste Buch war wieder von großer Brisanz. Atomstödin, Atomstation von 1948,

erzählt vor dem Hintergrund der umstrittenen Entscheidung des isländischen Parlaments,

den USA die Errichtung einer Militärbasis in Island zu gestatten, die Geschichte eines

Mädchens vom Lande, das nach Reykjavík kommt. Antimilitaristisch ist auch Gerpela,

Deutsch die glücklichen Krieger von 1952, ein modernes Werk im alten isländischen Saga Stil,

das die Diskrepanz zwischen heroischer Mythos und banaler Realität aufdeckt,

wobei deutliche Bezüge zum eben erst überstandenen zweiten Weltkrieg bestehen.

Mit der Verleihung des Nobelpreises 1955 beginnt eine Umverteilung der Gewichte. Tagespolitik und

Sozialismus verlieren ihre Vorrangstellung. Taoistische Ideen, die schon früher eine

gewisse Rolle gespielt hatten, gewinnen an Bedeutung. Allgemein menschliche Probleme treten in

den Vordergrund. Brehkukots Arnautl, das Fischkonzert von 1957, die Erinnerungen eines Mannes an seine

Kindheit in einer heilen Welt, ist in seiner Schau nach rückwärts typisch für die Produktion

des Reifenlaxenes. Paradis Arhemt, das wiedergefundene Paradis 1960 erschienen, erzählt von einem

isländischen Bauern, der bis in die Mormonsiedlung Nordamerikas zieht, um das Glück zu finden,

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Hubert Seelow Prof. Dr. Hubert Seelow

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:26:02 Min

Aufnahmedatum

2000-07-20

Hochgeladen am

2018-06-20 12:21:11

Sprache

de-DE

Tags

Literatur Deutschland Collegium Alexandrinum Halldor Laxness Seelow
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